Vergangenheitsbewältigung 2024

Vor 36 Jahren, noch vor dem Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks und dem Fall des Eisernen Vorhangs, war ich das erste Mal in Schlesien im heutigen Polen. Schlesien, der Kreis Neumarkt (Powiat Średzki) und der Landkreis Breslau (Powiat Wrocławski), ist die Heimat meiner Eltern und Land der weiteren Vorfahren über Jahrhunderte hinweg. Bei diesem Besuch – und auch vielen weiteren Besuchen in Schlesien – war die Vergangenheit, u. a. das wechselhafte Verhältnis Deutschland – Polen, eher kein Thema. Erst mit dem Beginn des 21. Jahrhunderts konnte ich beobachten, dass jüngere Polen Interesse an der Vergangenheit ihrer Wohnorte zeigten.
Im Jahre 2004, als ich mich daran machte, ein kleines Denkmal an der Verbindungsstraße der im Kreis Neumarkt gelegenen Dörfer Ober- Mois (Ujazd Górny) – Nieder- Mois (Ujazd Dolny) zu renovieren, begegnete ich an diesem damals nicht vollständig erhaltenen Denkmal dem Dorfschulzen/ Ortsvorsteher (Sołtys) von Nieder- Mois, Grzegorz Pierzchalski. Er, im Jahre 1972 in Nieder-Mois geboren, stellte mir die Frage, ob ich ihm erklären könne, welche Bewandtnis es mit diesem Denkmal habe. Die Frage des Sołtys‘ brachte mir im Jahre 2004 die Erkenntnis, dass seit fast sechzig Jahren Polen in Nieder- und Ober-Mois wohnen, aber sie in die Vergangenheit ihrer Wohndörfer, die deutsche Vergangenheit ist, kaum eingetaucht sind und keine oder allenfalls eine sehr schmale Brücke in diese Vergangenheit geschlagen haben.
Das Rad hat sich weitergedreht – wir schreiben inzwischen das Jahr 2025. Am 3. Dezember 2024 begegnete ich in Nieder-Mois einem Einwohner des Dorfes Stephansdorf (Szczepanów), ca. zwei Kilometer nördlich der Kreisstadt Neumarkt gelegen: Ryszard Bajor. Die Begegnung mit ihm kam auf deinen Wunsch hin zustande. Ryszard Bajor wurde im Jahre 1953 geboren, studierte Informatik und schloss das Studium mit „mgr. inż.“ ab. Er lebt heute mit seiner Frau Ela in Stephansdorf und betreibt eine Firma, die Dienstleistungen rund um das Internet anbietet. Darüber hinaus ist er passionierter Lokalhistoriker und unterhält eine Internetseite zu Vergangenheit und Gegenwart des Dorfes Stephansdorf. Diese Internetseite kann folgendermaßen aufgerufen werden:
Szczepanow.info.pl
Die Internetseite besteht u. a. aus einer Fülle von Bildern – alte Ansichtskarten/ Fotografien und Fotos neueren Datums –, die Vergleiche zwischen gestern und heute ermöglichen und die Veränderungen, die im Laufe der Zeit eingetreten sind, erkennen lassen.
Ryszard Bajor freut sich über eine eifrige Nutzung der Stephansdorfer Internetseite und ist offen für konstruktive Anregungen, insbesondere auch für ergänzende Bilder aus der Stephansdorfer Vergangenheit. Zu erreichen ist er per E-Mail: szczepanow123@gmail.com.
Dr. Bernhard Jungnitz
stellvertr. Vorsitzender des Neumarkter Vereins